26.08.2022

Krankenhäuser stehen vor der Zerreißprobe

Fachkräftemangel, ausufernde Bürokratie und unzureichende Finanzierung belasten Kliniken massiv – Lage spitzt sich aufgrund von Inflation und Pandemie bedrohlich zu – Krankenhäuser fordern in gemeinsamer Aktion akute Hilfe von der Politik

Die Krankenhäuser in der Region Osnabrück/Emsland/Grafschaft Bentheim schlagen Alarm: In Osnabrück haben sie heute gemeinsam unter dem Motto „Die Krankenhäuser stehen vor einer Zerreißprobe“ auf ihre massiv angespannte Lage aufmerksam gemacht und den dringend notwendigen Handlungsbedarf aufgezeigt. Anhand von zwei LKWs, die symbolisch ein Krankenhausbett auseinanderziehen, wurden die enormen personellen und finanziellen Belastungen dargestellt, denen die Krankenhäuser derzeit ausgesetzt sind. „Die Situation der Krankenhäuser ist so angespannt wie nie zuvor, weil die pandemiebedingten personellen und finanziellen Belastungen weiter ansteigen und die Energiekosten unsere Krankenhäuser extrem zusätzlich belasten, ohne dass es für diese Entwicklungen bisher einen finanziellen Ausgleich gibt. Unsere Lieferanten erhöhen nachvollziehbar ihre Preise, unsere Preise sind aber durch den Gesetzgeber gedeckelt.“, sagt Werner Lullmann, Geschäftsführer der Niels-Stensen-Kliniken GmbH in seiner Funktion als Vorsitzender der Bezirksarbeitsgemeinschaft Osnabrück/Emsland/Grafschaft Bentheim der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG) gemeinsam mit seinem Stellvertreter Ansgar Veer, Hauptgeschäftsführer der St. Bonifatius Hospitalgesellschaft Lingen.

Vertreter der Krankenhäuser in der Region Osnabrück/Emsland/Grafschaft Bentheim bei der Aktion „Zerreißprobe“ in Osnabrück. Drei Viertel der Krankenhäuser sind in ihrer Existenz bedroht.

Die Veranstaltung in Osnabrück fand im Rahmen einer landesweiten Aktion der niedersächsischen Krankenhäuser zusammen mit der Krankenhausgesellschaft statt.

Hintergrund ist eine bedrohliche Zuspitzung der wirtschaftlichen Schieflage der Krankenhäuser durch starke Kostensteigerungen für Energie, medizinische Produkte, Medikamente sowie Lebensmittel. Aufgrund des starren Finanzierungssystems können die Krankenhäuser diese Mehrkosten nicht in Form von Preiserhöhungen weitergeben. Parallel dazu haben die Kliniken nach wie vor mit gravierenden personellen und wirtschaftlichen Belastungen infolge der Corona-Pandemie zu kämpfen. Seit dem ersatzlosen Auslaufen des Corona-Rettungsschirms im Juni werden die finanziellen Einbußen jedoch nicht mehr abgefedert.

Fachkräftemangel, überbordende Bürokratie sowie eine ungenügende investitions- und reformbedürftige Betriebskostenfinanzierung belasten die Kliniken bereits seit Jahren, ohne dass eine Verbesserung absehbar ist. Im Gegenteil: Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser im Land verschlechtert sich zunehmend. Umfragen der NKG haben ergeben, dass inzwischen mehr als drei Viertel der niedersächsischen Krankenhäuser mittel- bis langfristig in ihrer Existenz bedroht sind. In den Vorjahren traf dies auf rund zwei Drittel der Krankenhäuser zu. Der NKG zufolge ist damit die aktuelle Situation für viele Krankenhäuser existenzgefährdend. Wie die stationäre Versorgung unter den gegenwärtigen Bedingungen künftig flächendeckend und in der gewohnt hohen Qualität gewährleistet werden kann, ist fraglich. Angesichts einer erneut drohenden Pandemiewelle im Herbst und Winter und aufgrund der Folgen des Krieges in der Ukraine sind kurzfristig weitere finanzielle Unterstützungen für die Krankenhäuser erforderlich. Insbesondere wird in Zeiten steigender Preise ein Energiekosten- und Inflationsausgleich zur wirtschaftlichen Absicherung benötigt.

Über akute Hilfsmaßnahmen hinaus muss mittelfristig das System der Krankenhausfinanzierung durch den Bund reformiert werden. Dieses setzt Fehlanreize und hat den Krankenhäusern im bisherigen Verlauf der Pandemie Defizite beschert, die nicht mehr kompensiert werden können. Angesichts eines Investitionsstaus von 2,5 Mrd. Euro für Krankenhausbauprojekte in Niedersachsen ist darüber hinaus eine dauerhafte Erhöhung der Investitionsmittel durch das Land notwendig. Wichtige Investitionen etwa für Digitalisierung und Klimaschutz können die Krankenhäuser nicht aus eigener Kraft aufbringen.

Entscheidend für die Krankenhäuser sind zudem politische Weichenstellungen für eine bessere Personalausstattung. Die Pandemie hat gezeigt, dass mit Blick auf die Versorgungssicherheit das Personal der limitierende Faktor ist. „Die Beschäftigten in den Krankenhäusern sind im dritten Jahr der Pandemie mit ihren Kräften am Ende. Wiederholte Phasen extremer Belastung haben angesichts dünner Personaldecken deutliche Spuren bei den Mitarbeitenden hinterlassen. Aufgrund der Corona-Sommerwelle und den damit einhergehenden Personalausfällen zeichnet sich auch jetzt keine Atempause für die Beschäftigten ab. Mit Blick auf den Herbst ist das besorgniserregend“, sagt Ansgar Veer. Nach Ansicht der Krankenhäuser ist es deshalb erforderlich, das Klinikpersonal schnellstmöglich von den umfangreichen bürokratischen Dokumentationspflichten zu entbinden. Die gewonnene Zeit könnte unmittelbar für die Patientenversorgung genutzt werden. Die Krankenhäuser erhielten zudem mehr Spielraum in der Personalplanung, wenn Pflegepersonaluntergrenzen erneut ausgesetzt würden.

Besonders bitter ist aus Sicht der Krankenhäuser, dass das politische Versprechen mit der Einführung von Pflegebudgets für eine vollständige Finanzierung und damit bessere Arbeitsbedingungen der Pflegenden zu sorgen, bislang nur unzureichend eingelöst wurde. In der Folge bleiben die Krankenhäuser auf den Kosten für zusätzlich eingestellte Pflegekräfte sitzen. Aufgrund derzeit geplanter Haushaltskürzungen auf Bundesebene besteht sogar die Gefahr, dass für weitere Berufsgruppen in der Pflege die Refinanzierung entfällt.

„Wichtig ist, dass die Politik jetzt schnell Klarheit zur Sicherung der Krankenhausfinanzierung schafft und Maßnahmen zum Bürokratieabbau auf den Weg bringt, weil sonst viele Krankenhäuser die besonderen personellen und wirtschaftlichen Herausforderungen der Corona-Pandemie spätestens im Herbst nicht mehr meistern können“, betont Werner Lullmann.

 

 

 
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