19.03.2023

Narkose – die unbegründete Angst vor dem Nichtaufwachen

Ein Artikel geschrieben von Dr. med. univ. Ulrike Leitner, Leitende Oberärztin Intensivmedizin im Marien Hospital Papenburg Aschendorf.

Bei operativen Eingriffen wird eine Narkose als kontrolliertes, temporäres medizinisches Verfahren eingesetzt, um die Wahrnehmung des Schmerzes im Gehirn während einer Operation zu unterbinden. Es wird zwischen Vollnarkose und Regionalanästhesie unterschieden.

Welche Arten von Narkose gibt es?
Bei der Vollnarkose wird der Körper in einen Schlafzustand versetzt. Das Bewusstsein wird heruntergefahren, sodass das Schmerzempfinden ausgeschaltet ist. Diese Form der Narkotisierung kommt in der Regel bei laparoskopischen Operationen zum Einsatz, zum Beispiel bei Lungen- und Baucheingriffe. Neben dem Bewusstsein wird auch das Atemzentrum betäubt, sodass es notwendig wird, dass während der Operation unter Überwachung eines Anästhesisten ein Beatmungsgerät diese Funktion übernimmt.

Die Regionalanästhesie wird genutzt, um die Entstehung und Weiterleitung des Schmerzreizes nur in bestimmten Körperregionen zu blockieren. Dazu werden kurz-, mittellang- und langwirksame Lokalanästhetika verwendet - in der Regel mit einer Wirkdauer von circa ein bis sechs Stunden. Der Patient verspürt Wärme, Berührung und Taubheit im betäubten Areal und keinerlei Schmerz, sodass eine Operation problemlos durchgeführt werden kann. Es kommt zu keiner Beeinträchtigung des Bewusstseins, allerdings kann man auf Wunsch während des Eingriffs in einen Dämmerschlaf versetzt werden. Dieser leichte Schlaf ist den meisten Patienten von einer Magen- oder Darmspiegelung bekannt und wirkt sich weniger stark auf den Kreislauf aus als eine Vollnarkose.

Die Spinal- und Periduralanästhesie sind Teil der Regionalanästhesie. Erstere wird bei Operationen - vorzugsweise ambulant - an der unteren Körperhälfte, beispielsweise bei Hüft- oder Knie-Operationen angewendet, bei denen der Patient bei Bewusstsein ist, aber kein Schmerz-, Temperatur oder Bewegungsempfinden hat. Dieses Verfahren ist für ältere Patienten sowie Patienten mit Lungenvorerkrankungen gut geeignet. Die Periduralanästhesie, auch als PDA betitelt, vorwiegend aus der Geburtshilfe bekannt, ist weniger stark ausgeprägt und einschränkend für die Mobilität der Patienten, bewirkt aber eine hervorragende Schmerzreduktion. Die Periduralanästhesie eignet sich exzellent zur postoperativen Schmerztherapie nach großen bauchchirurgischen und gynäkologischen Eingriffen um eine Schonatmung zu verhindern und eine schnellere Mobilisation nach der Operation zu erreichen.

Wie funktioniert eine Vollnarkose?
Nachdem ein EKG, die Blutdruckmessung und die Pulsoxymetrie etabliert und ein intravenöser Zugang gelegt wurden, beginnt die hochkonzentrierte Gabe von Sauerstoff über eine Maske, die vor Mund und Nase gehalten wird. Erst danach werden die Medikamente – in folgender Reihenfolge: Schmerzmittel, Schlafmittel und gegebenenfalls Muskelrelaxantien - verabreicht. Zur Aufrechterhaltung der Narkose wird entweder das initial verabreichte Schlafmittel kontinuierlich weitergegeben oder ein volatiles Inhalationsanästhetikum verabreicht. Der Vorteil des volatilen Inhalationanästhetikums liegt in der kurzen Anschlagszeit, einem hervorragenden Schlafeffekt und zu OP-Ende in einem schnellen Abfluten des Medikamentes und einem unverzögerten Aufwachen. Bei zu Übelkeit neigenden Patienten wird vorzugsweise eine totale intravenöse Anästhesie durchgeführt, da diese die Patienten eher mit einem leichten Hungergefühl aufwachen lässt. Die Neigung zur Übelkeit lässt sich selbst reflektieren, wenn einem zum Beispiel als Beifahrer im Auto oder bei einer Schifffahrt übel wird, und wird auch im Aufklärungsbogen explizit abgefragt.

Nebenwirkungen und Mythen
Die Nebenwirkungen einer Narkose können Übelkeit, Schwindel, Mattigkeit, Müdigkeit und eingeschränkte Mobilität sein. Darüber hinaus kann es zu einer Kreislaufschwäche mit einem niedrigen Blutdruck, einem unterschiedlich stark ausgeprägten Schmerzverlauf oder sogar zum Delir kommen. Daher darf man zum Beispiel nach einer ambulanten Operation mit Narkose nicht am Straßenverkehr teilnehmen, nicht alleine Zuhause sein und soll sich richtig ausschlafen.

Die Sorge während eines laufenden Eingriffs wach zu werden ist genauso unbegründet wie die Angst von einer Narkose nicht mehr aufzuwachen. Der Anästhesist und die Anästhesie-Pflegefachkraft sind immer am Patienten und kontrollieren kontinuierlich die Vitalwerte wie Puls, Herzfrequenz, Blutdruck und Sauerstoffkonzentration im Blut. Auch wird die ausreichende Narkosetiefe engmaschig überwacht sowie die regelmäßige Gabe von Medikamenten wiederholt. Es gibt keinen besseren überwachten Zeitraum als den in Narkose, denn wenn es zu Kreislaufdisregulationen kommen sollte, sieht das der Anästhesist direkt und kann sofort handeln.

Die Medikamente, die die Narkose aufrechterhalten, haben eine bestimmbare Halbwertszeit, sodass diese zum Ende des Eingriffs langsam aus dem Körper ausgeleitet werden, um den Patienten wach werden zu lassen. Anschließend wird der Patient in den Aufwachraum verbracht, wo der Kreislauf weiterhin überwacht und eine Versorgung mit Schmerzmitteln gewährleistet wird.

Narkosevorgespräche sind dafür da, um Risiken auszuloten, wenn zum Beispiel beeinträchtigende Vorerkrankungen vorliegen, und dann entsprechende intraoperative erweiterte Überwachungsoptionen im Vorfeld bereits in die Wege zu leiten. Wichtig für den Patienten ist, dass er nüchtern zur OP erscheint - dies bedeutet: Essen bis sechs Stunden vor der OP, damit der Mageninhalt bereits in den Darm weitergeleitet ist, und Trinken (stilles Wasser, ungesüßten Tee, Kaffee schwarz) bis zwei Stunden vor der OP. Wenn das nicht eingehalten werden kann, ist es essenziell, dies mitzuteilen, ansonsten erhöht sich das Risiko, dass der Mageninhalt die Speiseröhre hochkommt und mit dem nächsten Atemzug in die Lunge eingeatmet wird, was eine Lungenentzündung auslösen kann.

Die Patienten vertrauen dem Anästhesisten während einer Operation ihr Leben an, denn diese schalten medikamentös temporär das Bewusstsein aus, übernehmen die Kreislaufregulation und die Atmung. Jeder Anästhesist ist sich dieser immensen Aufgabe bewusst und kann diese sicher durch eine fundierte medizinische Aus-, Weiter- und Fortbildung übernehmen.

Frau Dr. med. univ. Leitner, Ulrike

Dr. med. univ. Ulrike Leitner

Leitende Oberärztin Intensivmedizin

Telefon: 04961 93-1351
anaesthesie@hospital-papenburg.de

Fachärztin für Anästhesiologie
Zusatzbezeichnung Notfallmedizin
Zusatzbezeichnung Intensivmedizin
Qualifikationsnachweis „Leitender Notarzt“
Transplantationsbeauftragte


 

 

 
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