20.08.2023

Den Kinder-Ängsten begegnen - Kindern Mut machen

Ein Artikel geschrieben von Ute Lauterbach, Leitende Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin in der Kinder- und Jugendpsychiatrie vom Marien Hospital Papenburg Aschendorf.

Im Kindesalter sind Ängste weit verbreitet und gehören zu der normalen Entwicklung. Angst kann lebenswichtig für Menschen sein, damit sie Gefahren zu erkennen und sich davor zu schützen wissen. Ein Kind, das keinerlei Angstempfinden entwickelt, lernt zum Beispiel nicht, Gefahren des Straßenverkehrs einzuschätzen. Angst beginnt im Kopf: Das Gehirn meldet Gefahr, Stresshormone werden im Körper freigesetzt und die Angst zieht in den Körper ein (Kloß im Hals, Bauchschmerzen, Herzklopfen, Zittern). Diese körperlichen Reaktionen laufen bereits ab, wenn an die angstauslösende Situation gedacht wird. Der Körper stellt sich auf Flucht, Kampf oder Erstarrung ein.

Die meisten Ängste bei Kindern treten typischerweise in einem bestimmten Entwicklungsalter auf und verlieren sich dann wieder. So haben unter anderem viele Kinder gegen Ende des ersten Lebensjahres Angst vor fremden Menschen (Fremdeln). Ohne die Nähe der Eltern zu sein, kann für manche Kinder bedrohlich wirken, Trennungsängste in Phasen immer wieder auftreten. Kinder haben normalerweise sowohl ein starkes Bedürfnis nach Schutz und Nähe, als auch ein Bedürfnis nach Selbstständigkeit, die beide wichtig für die Entwicklung sind. Im Kleinkindalter tritt häufig Angst vor Tieren, vor Dunkelheit oder dem Alleinsein auf.

Bei Vier- bis Sechsjährigen entstehen oft Ängste vor Naturereignissen, wie zum Beispiel Gewitter oder vor Fantasiegestalten, wie Geister oder Monster. In diesem Altersbereich können Kinder zwischen Fantasiegestalten, Geschichten und realen Gegebenheiten noch nicht sicher unterscheiden. Ihr Denken ist von magischen Vorstellungen geprägt. So können sie beispielsweise glauben, dass ein Monster wirklich unter dem Bett liegt, oder, wenn sie etwas Verbotenes denken, dies auch wirklich eintritt. Im Grundschulalter treten schulbezogene Ängste (wie z.B. Angst vor Schulversagen), soziale Ängste (z.B. vor Ablehnung) oder Angst vor Krankheiten, Verletzungen und Tod auf.
Kinder zeigen häufig Ängste, wenn sie sich in einer Lebensphase des Übergangs befinden, zum Beispiel beim Eintritt in den Kindergarten oder bei Schulbeginn, nach einem Umzug oder bei einem Klassenwechsel. Kinder können auch mit Ängsten reagieren ausgelöst durch Bilder, Filme, Nachrichtensendungen, zum Beispiel auch Berichterstattungen aus Kriegsgebieten, die sie scheinbar nur nebenbei mitbekommen haben. Kinder haben weniger als Erwachsene die Fähigkeit, sich von erschreckenden Inhalten zu distanzieren, so dass das Monster aus dem Fernsehen oder der Krieg aus den Nachrichten Einzug ins Kinderzimmer halten kann. Daher sollten Eltern Kinder vor angstauslösenden Bildern und Filmen schützen. Wenn die Kinder diese trotzdem gesehen haben, ist es wichtig, mit ihnen darüber zu sprechen, damit die Kinder die Eindrücke einordnen und verarbeiten können.

Eltern und enge Bezugspersonen sind die wichtigste Vorbilder, an denen sich Kinder orientieren und durch die sie lernen, mit einer angstauslösenden Situationen umzugehen.
Eltern können die Kinder bei der Überwindung von Ängsten unterstützen, indem sie Schutz und Sicherheit durch elterliche Präsenz und fördernde Unterstützung geben. So kann das Kind seine Kräfte sammeln und lernen, das Problem selbstständig zu bewältigen.

Was können Eltern konkret tun, um dem Kind zu helfen, Ängste abzubauen und Mut aufzubauen?
Es ist hilfreich, dass Eltern Ruhe bewahren und ein offenes Ohr für ihr Kind haben indem sie zuhören, die Ängste ernst nehmen und ruhig mit ihm darüber sprechen. Dabei wird den Kindern signalisiert, dass die Eltern an ihrer Seite stehen und Sicherheit geben. Die Ängste sollten nicht bagatellisiert werden durch Aussagen wie „Du brauchst doch keine Angst zu haben, das ist doch nichts“, Angst sollte auch nicht dramatisiert werden. Eltern helfen dem Kind, indem sie ihm Mut machen, Schritte zu unternehmen, um die Angst zu bewältigen und sie nicht zu vermeiden. Vermeidung von angstauslösenden Situationen führt meist dazu, dass die Ängste sich ausbreiten. Alle kleinen Schritte in Richtung Mut sollten anerkannt und verstärkt werden. In Gesprächen können Eltern signalisieren, dass sie dem Kind zutrauen, dass es die Angst besiegen wird, indem sie darüber sprechen, in welchen Bereichen das Kind bereits mutig ist, was es schon alles geschafft hat, wo es schon einmal eine Schwierigkeit überwunden hat etc.

Wenn Ängste hartnäckig bleiben und stark ausgeprägt sind, kann eine Angststörung vorliegen, die die Kinder in ihrer Entwicklung stark beeinträchtigen kann. Einschränkungen in der Konzentration, Leistungsfähigkeit und Lebensfreude können die Folge sein. Manche Kinder schaffen es aufgrund der Ängste nicht mehr zur Schule oder in die KiTa zu gehen, schränken ihr Freizeitverhalten ein, vermeiden Kontakt zu anderen Menschen, was bis zur sozialen Isolierung führen kann. Angststörungen können psychotherapeutisch gut behandelt werden, professionelle Hilfe kann durch ein Gespräch beim Kinderarzt, eine Vorstellung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie oder eine ambulante Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie angebahnt werden.
Jede überwundene Angst steigert das Selbstvertrauen und die Selbstständigkeit, so kann aus einem Angst-Problem eine Mut-Geschichte werden.

Frau  Lauterbach, Ute

Ute Lauterbach

Leitende Psychologin

Telefon: 04962 502-106 | Fax: 04962 502-445
ute.lauterbach@hospital-papenburg.de

Diplom-Psychologin
Psychologische Psychotherapeutin


 

 

 
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