04.01.2023

Frühe Fehlbildungsdiagnostik 

Ein Artikel geschrieben von Ali Basel, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Papenburg.

Die frühe Feindiagnostik (auch Fehlbildungsdiagnostik) ist eine weiterführende differentialdiagnostische Ultraschalluntersuchung im Ersttrimester, also in der Frühschwangerschaft, und dient der frühzeitigen Klärung des Gesundheitszustandes des ungeborenen Fetus im Mutterleib. Im Ersttrimester sind alle wichtigen fetalen Organe angelegt, aber noch nicht funktionell ausdifferenziert. Bei der Ultraschalluntersuchung werden diese Organe einschließlich der Ultraschall-Marker Nackentransparenz (NT), Nasenbein (NB), Ductus venosus und Trikuspidalklappe (TK) beurteilt. Nur schwerwiegende Fehlbildungen wie z.B. Chromosomenstörungen (Trisomie 21, Trisomie 18 und Trisomie 13) können so nachgewiesen werden, denn der Fetus misst zu diesem Zeitpunkt lediglich 5-8cm vom Scheitel bis zum Steiß.

Bestimmte Indikationen wie eine Schwangerschaft ab dem 35. Lebensjahr, genetische Defekte sowie angeborenen Stoffwechselerkrankung der Schwangeren oder in der Familie geben Anlass zur Durchführung der Feindiagnostik, denn in diesen Fällen trägt das Kind ein erhöhtes Erkrankungsrisiko. Die Möglichkeiten der Untersuchung beinhalten nachfolgend dargestellt: eine frühe Ultraschalluntersuchung, eine invasive Diagnostik (diagnostische Punktion) sowie weitere Methoden zur Risikobeurteilung wie das Ersttrimester-Screening. An erster Stelle stehen immer eine ausführliche Aufklärung und Beratung über alle alternativen Möglichkeiten sowie über die Konsequenzen bei positiven Befunden.

1. Die frühe Ultraschalluntersuchung
Die Nackentransparenz ist eine flüssigkeitsgefüllte Struktur, die sich vorübergehend vom Nacken bis zum Rücken bildet und mittels Ultraschall darstellen lässt. Bei gesunden Feten löst sie sich Anfang der 17. SSW vollständig auf. Grundsätzlich ist die Nackentransparenz bis 2 Millimeter unauffällig, ab 3 Millimeter auffällig. Feten mit erhöhter Nackentransparenz haben einen Verdacht auf Chromosomenstörungen wie Trisomie 21, 18 und 13, ein genetisches Syndrom oder andere Ursachen wie Infektionen oder Lymphabfluss-Störungen.

Das Nasenbein ist ab der 12+0 SSW voll verknöchert. Eine Nichtdarstellbarkeit oder eine Verkürzung in der 12. SSW unter 1,5 Millimeter (Hypoplasie) weist auf einen Verdacht auf Chromosomenstörungen hin.

Der Ductus venosus ist eine fetale Kurzschlussverbindung zwischen der linken Nabelschnurvene und der unteren Hohlvene im Bauch des Fetus, die in den rechten Vorhof des Herzens mündet. Bei gesunden Feten ist der Blutfluss über den Ductus vorwärts in die Richtung der unteren Hohlvene. Bei Chromosomenstörungen oder bestimmte Herzfehler ist der Blutfluss rückwärts.

Die Trikuspidalklappe ist das Einlassventil der rechten Herzkammer. Das Blut fließt bei gesunden Feten vom rechten Vorhof über die Trikuspidalklappe in die rechte Kammer. Bei Rückwärtsfluss des Blutes von der rechten Herzkammer über die Trikuspidalklappe in den rechten Vorhof (sog. TK-Insuffizienz oder Regurgitation) besteht der Verdacht auf Chromosomenstörung oder Herzfehler. Im Vorfeld dieser Untersuchungen wird die Schwangere über Ziele, Inhalte und Grenzen sowie mögliche Folgen aufgeklärt. Die Schwangere hat aber das Recht auf Nichtwissen in Bezug auf Befunde und Ultraschalluntersuchungen.

2. Invasive Diagnostik
Zu den invasiven Diagnostiken zählen die Probeentnahme vom Mutterkuchen (12. SSW - 14. SSW) und die Fruchtwasseruntersuchung (ab der 16. SSW). Diese können eine vermutete Chromosomenstörung, ein genetisches Syndrom oder andere Erkrankungen bestätigen oder ausschließen. Hierbei ist eine schriftliche Aufklärung vor der Untersuchung notwendig. Die Fehlgeburtsrate bei der Probeentnahme vom Mutterkuchen beträgt 0,2 Prozent und bei der Fruchtwasseruntersuchung zwischen 0,1-0,2 Prozent.

3. Weitere Möglichkeiten
Das Ersttrimester-Screening (12. SSW - 14. SSW) bietet eine individuelle Risikoermittlung und keine Diagnose. Es werden das mütterliche Alter, Alter der SSW, die Nackentransparenz sowie Blutuntersuchungen der Schwangeren wie freies beta-hCG (Schwangerschaftshormon) und PAPP-A (ein Eiweißprotein vom Mutterkuchen) herangezogen. Durch diese fünf Merkmale wird das Risiko für Chromosomenstörung, insbesondere Trisomie 21, ermittelt. Bei erhöhtem Risiko ist wiederum die invasive Diagnostik notwendig, um eine Erkrankung zu bestätigen oder auszuschließen.

In den letzten Jahren hat die NiPT-Untersuchung (Nicht-invasiver Pränataltest, ab 12. SSW) an Bedeutung gewonnen. Es wird zellfreie DNA aus dem Blut der Mutter auf Chromosomenstörungen und Turner-Syndrom 45x0 analysiert und das Risiko geschätzt. Hier ist wieder eine invasive Diagnostik bei positiven Befunden notwendig, um eine Erkrankung zu bestätigen oder auszuschließen. Seit Juli 2022 übernimmt die Krankenkasse die Kosten der NiPT-Untersuchung, wenn eine medizinische Indikation dafür vorliegt. Sonst müssen die Kosten zwischen 130 – 300 Euro selbst getragen werden.

Herr  Basel, Ali

Ali Basel

Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

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Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Fehlbildungsultraschall, Feindiagnostik
gynäkologische Ultraschall-Differentialdiagnostik


 

 

 
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