16.07.2023

Diabetes in der Schwangerschaft (Gestationsdiabetes)

Ein Artikel geschrieben von Ali Basel, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Papenburg.

Diabetes zählt zu den am weit verbreiteten Volkskrankheiten: Im Jahre 2021 gab es weltweit über 500 Millionen Menschen, die an Diabetes erkrankten. Die Anzahl der Diabetiker wird bis 2050 auf über 1,3 Milliarden weltweit steigen. Eine besondere Form von Diabetes ist jene, die erstmals während der Schwangerschaft, meist ab der 20. Schwangerschaftswoche diagnostiziert wird: Der Gestationsdiabetes (GD) – auch bekannt als Schwangerschaftsdiabetes. Bei Frauen, die noch nie zuvor Diabetes hatten, kann der Körper während der Schwangerschaft Schwierigkeiten haben, genügend Insulin zu produzieren oder, dass das Insulin seine Wirkung nicht entfalten kann. Insulin ist ein Hormon, das den Blutzuckerspiegel reguliert. Wenn der Körper nicht genug Insulin produziert, führt dies zu erhöhtem Blutzucker.

Es gibt mehrere Risiken, die für die Entstehung verantwortlich sein können, unter anderem das Alter der Schwangeren über 30 Jahre, Übergewicht/Fettleibigkeit, Diabetes bei Verwandten ersten Grades, vorherige Geburt eines großen Babys oder einer Totgeburt sowie eine deutliche Gewichtszunahme während der Schwangerschaft.

Diagnose
Jede Schwangere bekommt ab der 24+0 Schwangerschaftswoche einen Suchtest auf Schwangerschaftsdiabetes mit 50g Glukoselösung, die sie trinkt. Danach wird der Blutzuckerwert gemessen. Ist dieser pathologisch, erhält sie einen oralen Glukosetoleranztest (oGTT) mit 75g. Zunächst wird der Nüchternzuckerwert im Blut gemessen. Anschließend wird die Glukoselösung getrunken und nach einer sowie nach zwei Stunden die Blutzuckerwerte kontrolliert. Sind diese Werte auffällig, liegt Schwangerschaftsdiabetes vor. Zusätzlich wird der HbA1c im Blut kontrolliert. Dieser zeigt, ob der Blutzucker in den letzten acht bis zwölf Wochen gut eingestellt war oder nicht. Ab einem Wert von 6,5 Prozent liegt definitiv Schwangerschaftsdiabetes vor.
Bei begründetem Verdacht auf Schwangerschaftsdiabetes, wie zum Beispiel zu viel Fruchtwasser oder ein hohes Gewicht des Ungeborenen (Makrosomie) bei der Ultraschalluntersuchung sollen diese Tests auch zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt werden. Es folgt dann eine Überweisung zu einem Diabetologen.

Therapie
Häufig gelingt eine Behandlung durch eine bewusste Ernährungsumstellung. In manchen Fällen ist eine Insulintherapie notwendig. Die orale Gabe von Tabletten ist nicht erlaubt.

Betreuung der Schwangeren
Die Betreuung erfolgt durch den Gynäkologen und den Diabetologen. Der Gynäkologe bestellt die Schwangere regelmäßig ein zur Gewichtsschätzung, Beurteilung des Fruchtwassers und der Durchblutungsuntersuchung des Ungeborenen sowie des Mutterkuchens (Doppleruntersuchungen), um Risiken rechtzeitig zu erkennen. Die Ergebnisse werden an den Diabetologen weitergegeben.

Risiken während der Schwangerschaft
Unbehandelter oder schlecht eingestellter Schwangerschaftsdiabetes kann zum plötzlichen Fruchttod führen (Tod eines Feten in der 2. Schwangerschaftshälfte, nach dem 180. Tag, aber vor Geburtsbeginn). Der Grund dafür ist unter anderem, dass die Durchlässigkeit des Mutterkuchens für das Blut gestört ist. Die Versorgung des Ungeborenen ist damit nicht mehr gewährleistet. Ein weiteres Risiko ist die erhöhte Fehlbildungsrate. Es kann auch zu vorzeitigen Wehen und einer Verkürzung des Gebärmutterhalses kommen. In diesem Fall erfolgt eine Einweisung der Schwangeren (vor der 34+0 Schwangerschaftswoche) zur stationären Aufnahme. Sie erhält Wehenhemmer, um eine Frühgeburt zu verhindern. Eine Lungenreifebehandlung mit Kortison zur Vermeidung vom Atemnotsyndrom, falls es doch zu einer Frühgeburt kommt, ist großzügig zu stellen.
Die Bildung von schwangerschaftsindiziertem Bluthochdruck, Bluthochdruck mit vermehrtem Ausscheiden von Eiweiß im Urin (Präeklampsie) sowie Krampfanfälle bei vorbestehender Präeklampsie sind mögliche Komplikationen. Zu erwähnen sind auch die erhöhten Kaiserschnittraten sowie die vaginal-operativen Entbindungen wie Saugglocken und Zangengeburten. Eine Schwangere mit Schwangerschaftsdiabetes wird spätestens am Entbindungstermin stationär aufgenommen und eingeleitet. Beim Vorliegen eines hohen Schätzgewichtes von 4500g bekommt die Schwangere nach ausführlicher Aufklärung und Einwilligung einen Kaiserschnitt. Eine weitere Komplikation unter der Geburt ist die seltene Schulterdystokie mit Einkeilung der vorderen Schulter nach der Geburt des Kopfes. Hier muss der Geburtshelfer ggf. mehrere Manöver bzw. Handgriffe schnell einsetzen, um die Schultern zu lösen. Gefürchtet sind der Sauerstoffmangel mit Hirnschäden, der Oberarmbruch und Armlähmungen sowie schwere Verletzungen bei der Mutter.

Nach der Schwangerschaft
Komplikationen für das Kind nach der Geburt sind die Unterzuckerung und das Atemnotsyndrom. Langzeitfolgen für das Kind treten häufig ab der Pubertät auf und zeigen sich durch Übergewicht oder einen manifesten (bleibenden) Diabetes. Die Langzeitfolgen für die Mutter treten bei 40-50 Prozent der Frauen nach ca. 10 Jahren auf ebenfalls mit der Bildung eines manifesten Diabetes. Bis sechs Monaten nach Entbindung sollte sowohl der Schwangerschaftsdiabetes als auch auftretender Bluthochdruck wieder verschwinden. Es sind erneute Kontrollen beim Facharzt notwendig.
Eine gute Betreuung der Schwangeren ist insbesondere beim Vorliegen von Schwangerschaftsdiabetes sehr wichtig, um Risiken rechtzeitig zu erkennen und sie zu minimieren.

Herr  Basel, Ali

Ali Basel

Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Telefon: 04961 93-2288
MVZP.GYN2@mvz-papenburg.de

Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Fehlbildungsultraschall, Feindiagnostik
gynäkologische Ultraschall-Differentialdiagnostik


 

 

 
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