01.05.2022

Erste Impfung gegen Krebs

Ein Artikel geschrieben von Brigitte Cordes, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe im Marien Hospital Papenburg Aschendorf, Abklärungskolposkopie-Sprechstunde

Die Corona-Pandemie hat uns allen vor Augen geführt, wozu Wissenschaft in der Lage ist und wie spektakulär und weltverändernd die Entwicklung eines neuen Impfstoffes sein kann. Dreiviertel der deutschen Bevölkerung hat den Impfpass gesucht und gefunden und hat sich gegen Corona impfen lassen.

Es gibt eine weitere spektakuläre Impfung: die Impfung gegen HPV-Infektionen. Sie ist zurzeit vorgesehen für Mädchen und Jungen von 9-18 Jahren und wird in diesem Alter von den Krankenkassen übernommen. Sie hilft zu 70-90 Prozent gegen die Bildung von Krebs und Krebs-Vorstufen von Gebärmutterhals, Penis, Scheide, Anus, äußeren Genitalien, Mundhöhle und Rachen. Somit ist sie die erste Impfung gegen Krebs! War das nicht immer ein Menschheitstraum? Würden Sie ihr Kind nicht vor Krebs schützen wollen, soweit das schon möglich ist? Trotzdem läuft diese Impfung völlig unter dem Radar, die bisherige Impfquote der 9- bis 18-jährigen liegt lediglich bei 51 Prozent. Dabei ist es ein Totimpfstoff - wie viele andere schon lang verfügbare Impfstoffe auch - der bisher eine sehr gute Verträglichkeit und kaum Nebenwirkungen gezeigt hat. Dass die Krebsentstehung, zumindest bei einigen Krebsarten, etwas mit einer viralen Infektion durch das HP-Virus zu tun hat, hat der deutsche Wissenschaftler Prof Dr. Dr. Harald zur Hausen ca. 1999 richtig erkannt. Nach jahrelanger Forschungsarbeit erhielt er dafür 2008 den Nobelpreis für Medizin. Aufgrund seiner Forschungen konnte ein Impfstoff entwickelt werden, der seit 2006 bereitsteht. Den aktuellen Impfstoff Gardasil 9 gibt es seit 2016. Die Impfung hilft übrigens auch gegen die Entstehung der sehr ansteckenden und schwer zu therapierenden Genitalwarzen, da sie auch durch HP-Viren verursacht werden. Impfen lassen können Sie Ihre Kinder über Hausärzte, Kinderärzte und Frauenärzte.
Im Zusammenhang mit Harald zur Hausens Entdeckung steht auch die Veränderung der gynäkologischen Krebsfrüherkennung seit 2020: Bei Frauen ab 35 Jahren wird nun aus dem Vorsorge-Abstrich sowohl die Beurteilung der Zellen unter dem Mikroskop als auch die Suche nach anwesenden HP-Viren in der Scheide durchgeführt; sind keine HP-Viren nachweisbar und die Zellen unauffällig, erfolgt der nächste Kontrollabstrich dann nach drei Jahren, da in diesem Zeitraum eine Bildung von Zellveränderungen im Sinne von Krebsvorstufen ohne Anwesenheit des Virus sehr unwahrscheinlich ist. Die HPV-positiven Patientinnen werden engmaschiger und anders kontrolliert, da sie die Risikopatientinnen darstellen. Die Krebsfrüherkennung ist also nicht schlechter geworden, wie viele meinen, sondern effektiver und besser.

Zur Kontrolle der HPV-positiven Patientinnen sowie der auffälligen Früherkennungsabstriche bei schon vorliegenden Zellveränderungen wird die Kolposkopie genutzt. Die ist eine einfache Methode, bei der mit einem lupenoptischen Gerät Gebärmuttereingang, Scheide, äußeres Genital und Anus stark vergrößert betrachtet und untersucht werden. Unter Sicht ist es möglich gezielt kleine Gewebsproben zu entnehmen. Das Kolposkop wurde um 1924 vom deutschen Arzt Hans Hinselmann an der Universitätsfrauenklinik Bonn entwickelt. Mehrere Jahrzehnte wurde es in deutschen Kliniken nur spärlich eingesetzt und geriet etwas in Vergessenheit, wurde aber nach den neuen Krebsfrüherkennungsrichtlinien "aus der Mottenkiste" herausgeholt und wieder auf den Platz in der Diagnostik gestellt, die es verdient. Für die Zukunft hoffen wir Gynäkologen allerdings, dass durch möglichst viele HPV-geimpfte Mädchen und Jungen in den nächsten Jahrzehnten die Zahl der Patientinnen in der Kolposkopie-Sprechstunde deutlich nachlassen wird. Denn die Impfung schützt weitgehend vor Krebs und dessen Vorstufen der oben beschriebenen Organe. Erste Erfolge lassen sich schon in Studiendaten erkennen.

Frau  Cordes, Brigitte

Brigitte Cordes

Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Telefon: 04961 93-1361
gynaekologie@hospital-papenburg.de

Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Kolposkopie-Diplom


 

 

 
Kontakt

Marien Hospital 
Papenburg Aschendorf gGmbH
Hauptkanal rechts 75
26871 Papenburg

Telefon:
04961 93-0

E-Mail
info@hospital-papenburg.de

Copyright (c) 2015. Marien Hospital Papenburg Aschendorf gGmbH. Alle Rechte vorbehalten.