21.06.2022

Bei zerebraler Bewegungsstörung gezielt den Muskeltonus senken - mit Hilfe von Botulinumtoxin A (Botox)

Ein Artikel geschrieben von Torsten Kautzky, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Marien Hospital Papenburg Aschendorf

Wenn wir uns im Alltag bewegen, macht sich kaum jemand darüber Gedanken „wie wir laufen“ oder „wie wir nach Gegenständen greifen und diese festhalten“. Haben wir diese Bewegungsabläufe in frühester Kindheit einmal erlernt, machen wir es selten bewusst, es ist dann wie mit dem Fahrradfahren: es funktioniert von alleine. Doch für einen Teil unserer Kinder bleiben diese Bewegungsabläufe ein Leben lang eine sehr komplizierte und zum Teil auch unmögliche Aufgabe. Bei der sogenannten „Infantile Zerebralparese“, einer frühkindlichen Bewegungsstörung, ausgelöst durch Komplikationen während der Schwangerschaft, unter der Geburt oder aufgrund von schweren Infektionskrankheiten im Säuglingsalter, entwickeln Betroffene ausgehend von einer Hirnschädigung eine bleibende, aber nicht unveränderliche Störung der Motorik mit unterschiedlicher Ausprägung der Symptome.

Die betroffenen Kinder können die normalen Meilensteine ihrer Entwicklung in der Fortbewegung wie freies Sitzen und Laufen oder die Bewegung der Arme und Hände nicht entwickeln. Alle Teile des Körpers können von den Einschränkungen betroffen sein. In Deutschland erkrankt etwa 1 von 500 Neugeborenen an einer Infantilen Zerebralparese; besonders häufig tritt die Hirnschädigung bei sehr frühen Frühgeborenen auf.

Ohne eine möglichst frühzeitige Behandlung bleibt es nicht nur bei eingeschränkten Bewegungen, sondern es verkürzen sich in der Folge die entsprechenden Muskeln und Bänder, sodass die Gelenke in dieser Fehlhaltung versteifen. All das verschlechtert zunehmend wieder die Beweglichkeit und wird meist durch das Wachstum der Kinder verstärkt. Eine Heilung dieser Erkrankung existiert leider nicht. Es steht heutzutage jedoch eine umfassende multiprofessionelle Therapie zur Verfügung, um den betroffenen Kindern zu helfen. Hierzu zählt die Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und auch die Versorgung mit Hilfe von Orthesen und anderen Hilfsmitteln.

Mit dem Einsatz von Botulinumtoxin A - im Volksmund als Botox bekannt – eröffnet sich in Kombination mit den genannten Therapien eine zusätzliche Hilfe. Bei dieser Therapie spritzen wir in Zusammenarbeit mit der Anästhesie unter leichter Sedierung und Ultraschallkontrolle das Nervengift Botulinumtoxin A (BTX/A) in die betroffenen Muskeln, um gezielt dort eine Reduktion der muskulären Anspannung zu erreichen. Es wirkt wie eine neuromuskuläre Blockade, dies bedeutet das sich die spastischen, überaktiven Muskeln entspannen. Die Wirkung baut sich oft innerhalb weniger Tage bis zu zehn Tage nach der Injektion auf und hält dann für etwa drei Monate - teilweise auch länger an.
Durch den frühzeitigeren Einsatz von „Botox“ können die Beeinträchtigungen für unsere kleinen Patienten verringert werden und die weiteren Therapien wie Physio- und Ergotherapie bessere Erfolge erzielen. Zudem kann auch die Hilfsmittelversorgung deutlich bessere Ergebnisse erreichen und die Akzeptanz für die Hilfsmittel verstärken. So gelingt es uns eine Verbesserung der motorischen Funktionen zu ermöglichen. Des Weiteren bewirkt dies eine Reduktion von Schmerzen, welche durch die dauerhafte und zum Teil plötzlich einschließende Anspannung bei dieser Erkrankung entsteht. Und als drittes wesentliches Therapieziel wird auch oftmals eine Pflegeerleichterung erreicht.

 

 

 
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